Identität und Identifizierung: Bilder von dem Jessy-Cohen-Viertel in Holon

Eine neue Ausstellung von Dafna Shalom im Jessy-Cohen-Viertel in Holon bot ein lebendiges Archiv der BewohnerInnen des Viertels und ihrer Geschichten, die lange Jahre zum Schweigen gebracht und ausgegrenzt wurden.

Die Ausstellung „Identität und Identifizierung“ der Künstlerin Dafna Shalom war der Abschluss eines langen Projekts, während dessen sie die Geschichte und Gegenwart der recht gemischten Bevölkerung im Jessy-Cohen-Viertel in Holon fotografiert, zusammengestellt und dokumentiert hat. Zeitgenössische Porträtfotos, Fotos aus Familienalben und Gespräche mit BewohnerInnen wurden zu Teilen eines Archivs, das die Geschichte des Viertels und seiner BewohnerInnen dokumentiert. Die Ausstellung präsentierte dieses Archiv im Zentrum für Digitale Kunst, das sich mitten im Jessy-Cohen-Viertel in Holon, auf dem Gelände der ehemaligen Weizman-Schule, befindet. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten und Materialien wurden in Zusammenarbeit mit den BewohnerInnen erstellt, mit denen über die Repräsentationstechniken, die Stereotypen, die Vielzahl von Identitäten, die Einwanderungswellen zu verschiedenen Zeiten und die historischen Auslöschungsprozesse, die ein Teil der israelschen Schmelztiegel-Politik waren, diskutiert wurde.

In der Ausstellung wurden zeitgenössische Porträtfotos von BewohnerInnen gezeigt, die in einem temporären Fotostudio aufgenommen wurden, das für das Projekt in dem Einkaufszentrums des Viertels eingerichtet worden war. Außerdem wurden in Wohnungen von BewohnerInnen des Viertels aufgenommene Videoclips gezeigt. Darin werden sich Familienalben angesehen, mit vielen alten Bildern, die in Holon, in Griechenland, Marokko, Russland und andernorts aufgenommen worden waren, und es finden Gespräche mit den BewohnerInnen statt, in denen sie den persönlichen und historischen Kontext dieser Fotos erklären.

Das Jessy-Cohen-Viertel ist eines von vielen Vierteln, die einerseits mit einem negativen Stigma behaftet sind, und andererseits keinerlei historische Repräsentation erhalten haben. Die meisten seiner BewohnerInnen sind MigrantInnen, die im Rahmen von verschiedenen Einwanderungswellen nach Israel kamen – aus arabischen Ländern, aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion und aus Äthiopien. In meisten Fällen wurde der Herkunft der BewohnerInnen und der Geschichte ihrer Migration in das Viertel keinerlei Beachtung geschenkt und mitunter sogar gezielt aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. Die Ausstellung bot eine Gelegenheit das Viertel darzustellen, und zwar nicht von einer Perspektive von außen, sondern als Produkt der Treffen und Gespräche der Künstlerin mit den BewohnerInnen, so dass sich die Trennlinien zwischen den klassischen Rollen von KünstlerIn/FotografIn und Fotographierte/Betrachter verwischen. Die Materialien der Austellung fungieren auch nach deren Schließung als ein sich entwickelndes Archiv, das den BewohnerInnen und der allgemeinen Öffentlichtkeit zur Verfügung steht.

Dafna Shalom ist Fotografin, Video- und multimedial arbeitende Künstlerin. In den letzten Jahren verknüpft Shalom künstlerisches Wissen mit sozialen Engagement und hat zeitgenössische Modelle für künsterlische Arbeit im umgebenden Raum entwickelt.

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