Alternative text missing

"Kein Israeli würde die Arbeit machen, die wir leisten!"

Der Kampf der migrantischen Pflegekräfte in Israel Videoporträts von Ausgewanderten und Dagebliebenen. Zuhause in Israel ist eine Kurzdoku-Filmreihe des Rosa Luxemburg Büros in Israel, dies ist der erste Teil. Sharon Austria - Arbeitsmigrantin von den Philippinen

Zuhause in Israel – und doch weder angekommen noch akzeptiert: So erleben viele Menschen ihren Alltag, und das obwohl sie schon vor Jahren hierhergezogen sind. Denn die Schattenseiten des jüdischen Einwanderungslandes kriegen neben Palästinenser:innen vor allem Geflüchtete und Arbeitsmigrant:innen zu spüren, die in Hoffnung auf ein besseres Leben nach Israel kamen – und dafür ihre alte Heimat hinter sich ließen. Oft ohne eine neue zu finden.

In kurzen Videos porträtieren wir Menschen, die von Rassismus und Kriminalisierung betroffen sind – und die sich nicht damit abfinden wollen, aufgrund ihrer Herkunft, Nationalität oder Religion am Rande der Gesellschaft zu stehen. Sie erzählen ihre ganz persönlichen Geschichten; Geschichten aber auch, die über individuelle Erfahrungen hinausreichen: Wer fühlt sich zugehörig, und wem wird der Zugang verwehrt? Und wie wehrt man sich, um sich doch zuhause zu fühlen?

Youtube Video

Hier finden Sie externe Inhalte von YouTube.
Mit dem Anklicken des Videos erklären Sie sich mit den Nutzungsbedingungen von YouTube einverstanden.

Arbeitsmigration im Pflegebereich in Israel - Factsheet

1.     Zahlen

Fast 70.000 Pflegekräfte mit Migrationshintergrund arbeiten in Israel und kümmern sich um ältere, pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen. Sie kommen hauptsächlich von den Philippinen, aus Thailand, China, Indien, Nepal und Sri Lanka.

Quelle: https://hotline.org.il

2.     Vermittlungsagenturen

Um eine Einreiseerlaubnis nach Israel zu erhalten, müssen bis zu $10.000 an Vermittlungsagenturen gezahlt werden. Die Rückzahlungsverpflichtung dieses Darlehens ist einer der Gründe dafür, dass Arbeitsmigrant:innen in den ersten ein bis zwei Jahren ihrer Tätigkeit in Israel nur selten über Verletzungen ihrer Rechte berichten. Sie befürchten, andernfalls ihren Arbeitsplatz zu verlieren und aus Israel abgeschoben zu werden, während sie noch hohe Schulden haben.

Weitere Informationen:

https://hotline.org.il

https://www.kavlaoved.org.il

3.     Aufenthaltsrecht in Israel

Die Visa von Arbeitsmigrant:innen in Israel sind per Gesetz an den Arbeitgeber gebunden. Dies führt oft zu Missbrauch, Misshandlung und Nichtzahlung von Arbeitslohn, da dem Arbeitgeber die Kontrolle des Aufenthaltsstatus übertragen wird. Verstöße gegen Arbeitsrecht werden nicht angezeigt, da Arbeiter:innen befürchten ihre Arbeitsplatz und damit ihren Aufenthaltsberechtigung zu verlieren. Wer seine Arbeitserlaubnis verliert wird sofort zu einem "illegalen Einwanderer", der inhaftiert und abgeschoben werden kann.

Weitere Informationen:

https://hotline.org.il/en/migrants-en/binding-arrangement/

4.     Einschränkungen des Familienlebens

„Noch bevor sie schwanger werden, sollen sie abgeschoben werden”, Eli Yishai, ehemaliger Innenminister.[1]

[1] https://hotline.org.il/

Pflegekräfte werden grundlegend in ihrem Recht auf ein Familienleben eingeschränkt. Sie dürfen ihre Kinder nicht mit nach Israel bringen, und wenn sie vor Ort ihr Kind kriegen, müssen diese innerhalb eines bestimmten Zeitraums von 14 Wochen in das Heimatland der Eltern zurückkehren. Die staatlichen Vorschriften verbieten es den Pflegekräften ebenfalls, partnerschaftliche Liebesbeziehungen einzugehen.

Gesetzestext auf Englisch:

https://www.kolzchut.org.il/

5.     Zugang zur Staatsbürgerschaft in Israel

Den Pflegekräften wird die Möglichkeit verweigert, sich dauerhaft in Israel niederzulassen, selbst wenn sie seit vielen Jahren in Israel im Pflegebereich beschäftigt sind.

Nach Ansicht des Staates Israel ist die Einwanderung von Nicht-Juden eine existentielle „demografische Bedrohung“, die aber im Bereich von Arbeitsmigration, wie z.B. im Pflegebereich, als unvermeidbar hingenommen wird, aufgrund der mangelnden Bereitschaft von Israelis in arbeitsintensiven Berufen zu niedrigen Löhnen beschäftigt zu werden.

Weitere Informationen:

 https://hotline.org.il/en/rights-of-migrants-in-israel-en/

6.     Mindestlohn

Studien vom Adva-Center in Israel ergaben, dass die Löhne von Langzeitpflegekräften in Israel etwa die Hälfte des israelischen Durchschnittslohns betragen, was niedriger ist als in den meisten europäischen Ländern. Damit steht Israel am Ende der Liste der entwickelten Länder.

Ausländische Pflegekräfte verdienen den Mindestlohn, von dem die Arbeitgeber bis zu 25 % für die Erstattung ihrer Lebenshaltungskosten, der Krankenversicherung und anderer Ausgaben einbehalten dürfen. Laut der Haushaltsausgabenerhebung für 2016 arbeiteten ausländische Pflegekräfte durchschnittlich 48,8 Stunden pro Woche und verdienten im Durchschnitt 4.727 NIS monatlich brutto.

Weitere Informationen:

https://adva.org/en/care-deficit/

Die doppelte Instrumentalisierung ausländischer Pfleger*innen in Israel

Der Staat profitiert doppelt vom Einsatz mehrheitlich weiblicher, migrantischer Pflegekräfte. Sie werden einerseits wirtschaftlich ausgebeutet und andererseits benutzt, um die auf ethnischer Herkunft beruhende Definition des Staates Israels zu stärken – zum Schaden der gesamten israelischen Zivilgesellschaft.

Süd-Tel Aviv – ein Essay

Ein Mikrokosmos der Kämpfe, die für Israel richtungsweisend sind. Ein Essay über die Teilung einer Stadt und Spaltung einer Gesellschaft, über einen Ankunftsort für Geflüchtete und Migranten, Abschottungspolitik, systematische Diskriminierung und das progressive Potenzial des Hinterhofs Tel Avivs.

Weiße und "andere" jüdische Menschen

Aktivist*innen äthiopischer Herkunft kämpfen in Israel seit Jahrzehnten für die Anerkennung als jüdische Einwanderer*innen sowie gegen strukturelle Benachteiligung und Rassismus. Eine verdrängte Geschichte von Leid, Widerstand und Selbstermächtigung.