Alternative text missing

General elections, Umm al Fahen, Israel, 17.3.2015

Am Beispiel der Gemeinsamen Liste in Israel: Linke und Islamist*innen - wie geht das denn?

Gibt es in den zerrütteten Gesellschaften im Nahen Osten überhaupt noch Hoffnung auf einen Aufschwung der Linken? Es lohnt ein genauerer Blick auf den Erfolg der heterogen aufgestellten "Gemeinsamen Liste" in Israel, die bei den Wahlen 2015 insgesamt 13 der 120 Sitze im israelischen Parlament, der Knesset, errang und damit die drittgrößte Fraktion stellt.

Gibt es in den zerrütteten Gesellschaften im Nahen Osten, wo die politische Bühne von islamischen Fundamentalist*innen und von reaktionären alten Eliten beherrscht wird, die meist als «Staat im Staate» agieren, überhaupt noch Hoffnung auf einen Aufschwung der Linken? Welche Chancen haben progressive Ideen, von der Bevölkerung aufgenommen zu werden und dort Verbreitung zu finden? Angesichts eines zusehends kleiner werdenden Aktionsrahmens für demokratische Politik ist es an der arabischen Linken, sich einige grundsätzliche Fragen zu stellen und ihr Vorgehen sowie ihre Fähigkeit, mit möglichst breiten Bevölkerungsschichten in Dialog zu treten, zu überdenken. Auch die europäische Linke muss sich diesen Fragen stellen, wenn sie die Interessen eines großen Teils der Menschen an den Rändern der europäischen Gesellschaft repräsentieren will: die Migrant*innen sowie die arabischen und muslimischen Gemeinschaften, die ein integraler Bestandteil Europas geworden sind.

Hier lohnt ein genauerer Blick auf den Erfolg der Gemeinsamen Liste in Israel, die bei den Wahlen 2015 insgesamt 13 der 120 Sitze im israelischen Parlament, der Knesset, errang und damit die drittgrößte Fraktion stellt. Gegründet wurde diese heterogen aufgestellte parlamentarische Plattform gemeinsam mit anderen Akteur*innen, die alle die Interessen der palästinensischen Bürger*innen Israels vertreten, also etwa 20 Prozent der israelischen Bevölkerung (ohne die palästinensische Bevölkerung in Westjordanland und Gazastreifen, die keine Staatsbürger*innen Israels sind und unter Besatzung leben). Dazu gehören sowohl die linke Partei Chadasch/al-Dschabha als auch die konservative Vereinigte Arabische Liste, deren Argumente auf dem eigenen Verständnis islamischer Ideale basieren. Dieser Text beleuchtet die Entstehung dieses Projekts und benennt die wichtigsten Erfolgsfaktoren. Abschließend werden die Auswirkungen der Gemeinsamen Liste aus linker Perspektive analysiert.

Die Entstehung der Gemeinsamen Liste

Im März 2014 erhöhte die rechtsgerichtete Regierung unter Benjamin Netanjahu die Sperrklausel des Parlaments von 2 Prozent auf 3,25 Prozent der gültigen Stimmen – ganz offensichtlich im Bestreben, die Repräsentanz der palästinensischen Bürger*innen Israels in der Knesset zu begrenzen. Die arabische Minderheit wurde zu diesem Zeitpunkt von drei bis vier verschiedenen Parteien im Parlament vertreten, keine hatte jedoch mehr als 3,25 Prozent der Stimmen erreicht. Dieser Schachzug war Teil einer größeren Kampagne zur Delegitimierung der Linken und insbesondere der palästinensischen Minderheit in Israel und ihrer Vertreter*innen. Seit dem Jahr 2009 schränkte die Netanjahu-Regierung die politische Redefreiheit schrittweise ein. Sie erließ zu diesem Zweck verschiedene Gesetze, die den politischen Boykott oder das Gedenken an die Nakba (dt.: Katastrophe) verbieten. Nakba bezeichnet den Massenexodus von Palästinenser*innen, als während des Palästina-Krieges 1948 mehr als 700.000 palästinensische Araber*innen aus ihrer Heimat (die dann Israel werden sollte) flüchteten beziehungsweise vertrieben wurden. Alle direkten Versuche, den Einzug arabischer Parteien in die Knesset zu verbieten, scheiterten bislang lediglich am Obersten Gericht Israels.

Angesichts der neuen Sperrklausel und der unerwarteten Neuwahlen im März 2015 infolge einer Regierungskrise, blieben den vier unterschiedlichen Parteien, die hauptsächlich die israelischen Palästinenser*innen vertreten, nur wenige Wochen, um über ihre Zukunft zu entscheiden. Am Ende beschlossen sie die Bildung einer gemeinsamen Plattform mit dem Namen Gemeinsame Liste, an der sich die folgenden Parteien beteiligten:

    die arabisch-jüdische Plattform Chadasch/al-Dschabha (Demokratische Front für Frieden und Gleichheit), deren wichtigster Bestandteil die Kommunistische Partei Israels ist;

    die linksliberale, aber nationalistische Balad/al-Tadschamu‘ (Nationales demokratisches Bündnis), deren Hauptforderung die Idee einer kulturellen Autonomie für die palästinensischen Bürger*innen Israels ist;

    die konservative Vereinigte Arabische Liste, deren wichtigster Bestandteil der sogenannte südliche Flügel der Islamischen Bewegung ist;

    sowie die liberale Ta'al (Arabische Erneuerungsbewegung), die hauptsächlich durch ihren charismatischen Anführer Ahmad Tibi bekannt wurde, der in der Vergangenheit mit jeder der drei anderen Parteien bereits Bündnisse eingegangen war.

Die Argumente gegen eine Gemeinsame Liste

Die Idee, gemeinsam zu kandidieren, wurde nicht von allen begrüßt. Dies lag hauptsächlich an drei Gründen. Die drei ideologisch motivierten Parteien Chadasch/al-Dschabha, Balad/al-Tadschamu‘ und die Islamische Bewegung sind seit Jahrzehnten politische Gegner. Ihre Rivalität ist für gewöhnlich vor Kommunalwahlen am höchsten, wenn in den palästinensischen Orten weit höhere Wahlbeteiligungen erzielt werden als bei den Parlamentswahlen. Die Idee einer gemeinsamen Liste brachte alle in eine merkwürdige Lage und zwang sie nicht nur dazu, ihre Differenzen beizulegen, sondern auch ihren Stolz und die Befürchtungen um ihren Ruf hintanzustellen. Ein Aktivist drückte es in einem Interview folgendermaßen aus: «Wie in allen Bevölkerungsgruppen gibt es auch unter den Palästinensern in Israel interne Differenzen. Wir sind keine Herde. Leute, die versucht haben, ihre Positionen in der internen Debatte zu vertreten, empfanden eine gemeinsame Liste als Verrat.»[1]

Die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen der Islamischen Bewegung und den säkularen Aktivist*innen von Chadasch/al-Dschabha und Balad/al-Tadschamu‘ stellten eine besondere Hürde dar. Kontroversen zwischen den progressiven Einstellungen von Chadasch/al-Dschabha und Balad/al-Tadschamu‘ einerseits und denen der Islamischen Bewegung andererseits machten sich in sehr vielen Bereichen bemerkbar: die Beteiligung von Frauen, die Sichtbarkeit säkularer oder «promiskuitiver» Kultur, das gemeinsame Auftreten von Frauen und Männern in der Öffentlichkeit, christliche Bräuche im öffentlichen Raum oder das Thema der LGBTI-Rechte. Eine junge Aktivistin von Balad/al-Tadschamu‘ fragte einmal: «Was haben wir mit diesen Leuten gemeinsam? Wie können wir auf derselben Liste stehen, wenn sie nicht einmal zulassen, dass Frauen an ihren Treffen teilnehmen? Die Kluft zwischen uns ist unüberbrückbar.» Aida Touma-Suleiman, feministische Aktivistin von Chadasch/al-Dschabha, die dann Parlamentarierin der Gemeinsamen Liste in der Knesset wurde, sprach von einer ideologischen Rivalität zwischen beiden: «Würden die Dinge anders liegen, hätte ich, als Kommunistin, sie schon zum Frühstück verspeist.»[2]

Und schließlich gab es besonders in der Chadasch/al-Dschabha die Sorge, dass die jüdisch-arabische Zusammenarbeit, ein grundlegender Baustein ihrer Parteiidentität, im Rahmen einer arabisch dominierten Liste an Bedeutung verlieren könnte.

Die Argumente für eine Gemeinsame Liste

Auf der anderen Seite – und entgegen den Vorstellungen vieler Politiker*innen – war der Wunsch nach einer gemeinsamen Kandidatur bereits in der Bevölkerung verankert, lange bevor Netanjahu sie den vier Parteien quasi aufzwang. Umfragen zeigten, dass sich bis zu 85 Prozent der palästinensischen Bürger*innen Israels eine gemeinsame Plattform ihrer Parteien wünschten.

Unterstützung erhielt die Idee auch von führenden Politiker*innen in den besetzten palästinensischen Gebieten sowie von führenden arabischen Intellektuellen, wie etwa dem berühmten libanesischen Intellektuellen und Schriftsteller Elias Khoury. Er sah in der Gründung der Gemeinsamen Liste «einen Kontrapunkt zum Klima der Auflösung, das über die arabische Welt aufgrund von Zerstörung und sektiererischen Kämpfen hinwegfegt».[3]

Auch das bisherige Abstimmungsverhalten und die übrigen parlamentarischen Aktivitäten der zuvor genannten Parteien untermauerten dieses Bestreben, schließlich hatten sie ganz offensichtlich bei Themen, die die Rechte der palästinensischen Minderheit betrafen, übereinstimmend abgestimmt, oft auch zusammen mit der linksliberalen Meretz-Partei. Interessanterweise gilt dieses konstante gemeinsame Abstimmungsverhalten auch bei sozialen, wirtschaftlichen und Bürgerrechtsfragen. Als Repräsentantin einer marginalisierten Bevölkerungsgruppe stimmte die Islamische Bewegung immer im Sinne einer Stärkung der Rechte von Arbeitenden, Armen und anderen marginalisierten Gruppen sowie einer stärkeren Übernahme von Verantwortung durch den Staat zur Gewährleistung dieser Rechte. Dies alles erfolgte im Kontext einer Knesset, deren Agenda fast vollständig von immer stärker nationalistisch geprägten Rechtsparteien dominiert wurde, die Demokratie in einem ganz engen Sinne verstanden. Eine Tendenz, die Kritiker*innen zufolge weniger der Demokratie nach westlichem Verständnis, sondern mehr einer Diktatur der Mehrheit entspricht, die bestrebt ist, den Raum zu begrenzen, der politischen und ethnischen Minderheiten bleibt, um Widerspruch zu äußern. Generell lässt sich also sagen, dass die Situation geprägt war von der Auseinandersetzung mit der Regierung und den größten Oppositionsparteien, die im Sinne einer stärkeren neoliberalen Ausrichtung für mehr Privatisierung und einen Rückzug des Staates aus immer mehr gesellschaftlichen Aufgaben eintraten.

Nicht zuletzt lässt sich anführen, dass die Parteien in den Augen der jüdisch-israelischen Presse ohnehin durchgängig als «arabischer Parteienblock» tituliert werden, was insbesondere die Chadasch/al-Dschabha irritierte, ist sie doch das einzig echte jüdisch-arabische Bündnis in der politischen Landschaft Israels. Der Begriff spiegelt zudem den historischen Umstand wider, wonach keine der unabhängigen Parteien, die insbesondere die palästinensische Minderheit in Israel vertreten, und zwar einschließlich der Chadasch/al-Dschabha, seit Gründung des Staates an einer Regierungskoalition beteiligt wurden, nicht einmal zu Zeiten der linksliberalen Regierung von Jitzhak Rabin in den 1990ern.

Um zu verstehen, warum die Gemeinsame Liste zu einer echten Option wurde, ist es von zentraler Bedeutung, bestimmte Charakteristika beider Lager näher zu betrachten, sowohl des linken Lagers als auch der Islamischen Bewegung in Israel.

Alternative text missing
Eine Delegation der Gemeinsamen Liste in Berlin vor der Bundestagsfraktion DIE LINKE im Herbst 2016. Von links nach rechts: Yeela Raanan, Nabila Espanioly und die Knesset-Mitglieder Ayman Odeh und Masud Ghnaim.

Die Islamische Bewegung in Israel

Die Wurzeln der Islamischen Bewegung in Israel/Palästina reichen bis zu den Anfängen des britischen Völkerbundmandats für Palästina zurück, als die in Ägypten neu gegründete Muslimbrüderschaft begann, erste Untergruppen in Palästina aufzubauen. In Israel wuchs die Bewegung signifikant allerdings erst in den 1970er Jahren nach der Niederlage von 1967 und dem Zusammenbruch des Panarabismus und der daraufhin in der arabischen Welt anbrechenden Zeit des «Islamischen Erwachens». Anfangs diente sie als religiös-sozialpolitisches Ventil einer nationalen und religiösen Minderheit, die den jüdischen Charakter des Staates – und seine westliche Orientierung – als problematisch betrachtete.

Eine der bedeutsamsten Eigenschaften der Islamischen Bewegung in Israel jedoch ist das Vorhandensein einer ethnischen und nationalen palästinensischen Identität als integraler Bestandteil der Identität der eigenen Mitglieder und Anhänger*innen. Die Verbindung von nationaler Identität mit religiösem Bezugsrahmen hebt sich ab von manch anderer verwandter Bewegung in der islamischen und arabischen Welt, die den nationalen Kampf der Schaffung einer islamischen Gesellschaft unterordnet.

In einer 2015 durchgeführten Umfrage unter Mitgliedern der Islamischen Bewegung wurden die Teilnehmer*innen gebeten anzugeben, welche Identität bei ihnen dominiere. 50 Prozent wählten eine nationale palästinensische Identität als dominant, die anderen 50 Prozent eine religiös-islamische Identität. Dieses Ergebnis verdeutlicht den Charakter der Islamischen Bewegung in Israel und ihre enge Verbindung mit dem Kampf für nationale Unabhängigkeit.

Während der 1980er Jahre erzielte die Islamische Bewegung wichtige Erfolge bei den israelischen Kommunalwahlen mit einer wachsenden Anzahl politischer Ämter in Dörfern und Städten. Die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen in den Jahren 1981 bis 1989 zeigen, dass es kaum eine Gemeinde gab, in der die Bewegung keine Zugewinne zu verzeichnen hatte. 1989 gewann die Bewegung schließlich ihre erste Bürgermeisterwahl in Umm al-Fahm, der zweitgrößten palästinensischen Stadt Israels.

Der Sieg in Umm al-Fahm, der Beginn des Friedensprozesses Anfang der 1990er Jahre und die Unterzeichnung der Oslo-Abkommen[4] führten schließlich dazu, dass einige der Anführer der Islamischen Bewegung auch landesweit zu agieren begannen. Zu Beginn der 1990er Jahre entspann sich in der Bewegung dann eine Debatte, die schließlich zur Spaltung der Islamischen Bewegung führte. Scheich Darwish, Anführer und Gründer der Bewegung, war mit seinen Anhänger*innen der Meinung, dass sich die Bewegung nicht allein auf lokale Wahlen beschränken solle, sondern auch an landesweiten Wahlen teilnehmen müsse. Darüber hinaus sollte sie auch eine Friedensvereinbarung zwischen Israel und den Palästinenser*innen unterstützen.

Die Scheichs Raed Salah und Kamal Khatib lehnten Darwishs Vision strikt ab und begründeten dies damit, dass eine Beteiligung an der Knesset die Bewegung nicht voranbringen, sondern paralysieren würde. Zudem waren sie der Meinung, dass palästinensische Abgeordnete in der Knesset zum Misserfolg verdammt seien, sobald es um die Interessen der arabischen Öffentlichkeit ginge, und dass Muslime nicht als Abgeordnete in einem israelischen Parlament sitzen könnten, weil dies erfordere, einem Staat die Treue zu schwören, der sich als jüdisch definiere. Salah und Khatib waren auch gegenüber einer möglichen Friedensvereinbarung deutlich weniger kompromissbereit und kritisierten den Oslo-Prozess.

Im Vorfeld der Wahlen von 1996 gründeten Darwish und seine Anhänger*innen des südlichen Flügels der Islamischen Bewegung die Partei Ra'am, die in der 14. Knesset vier Sitze errang. Sie waren der Überzeugung, dass die Beteiligung an den Parlamentswahlen lediglich ein Mittel zum Zweck war, das ihnen ermöglichen sollte, sowohl politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen als auch den Status der arabischen Bevölkerung zu verbessern. Sie brachten vor, dass es kein religiöses Gebot gebe, das eine Beteiligung an landesweiten Wahlen untersage, und stellten klar, dass, sollte es jemals einen Widerspruch zwischen der Wahlbeteiligung und den Prinzipien des Glaubens geben, sie auf die Beteiligung an den Wahlen verzichten würden.

Es kam zur Spaltung. Da beide Seiten darauf bestanden, weiterhin Islamische Bewegung zu heißen, werden sie gemeinhin nördlicher und südlicher Flügel genannt, um sie auseinanderzuhalten. Während der südliche Flügel der Islamischen Bewegung seit 1996 durchgehend in der Knesset vertreten ist, lehnte es der nördliche Flügel bis zuletzt ab, an den Wahlen zur Knesset teilzunehmen. Ende 2015 wurde der nördliche Flügel durch die israelische Regierung verboten, vor allem aufgrund seiner mutmaßlichen Beziehungen zur Hamas.

Es ist diese Besonderheit des südlichen Flügels der Islamischen Bewegung, die ihn zu einem integralen Bestandteil des nationalen und bürgerrechtlichen Bestrebens macht und nicht als Außenseiter bei diesen Themen dastehen lässt.

Die arabische Linke in Israel

Die arabische Linke in Israel ist ebenfalls ungewöhnlich aufgestellt und mitnichten homogen. Sie bleibt zudem – im Gegensatz zu vielen anderen linken Bewegungen in der arabischen Welt – trotz Einbußen stärkste politische Vertretung der palästinensischen Bürger*innen Israels und behält damit den Charakter einer Volkspartei. Wie in anderen Ländern der arabischen Welt auch, ist ein Teil der Führungsriege der israelischen Linken zwar Teil eines urbanen, intellektuellen Milieus geworden, das kaum noch Berührungspunkte mit breiten Teilen der Bevölkerung hat und einen westlichen Lebensstil pflegt. Bei vielen lokal und kommunal agierenden Aktivist*innen und Kadern der linken Parteien ist das jedoch nicht der Fall. In manchen Dörfern und Kleinstädten wird die Kommunistische Partei von hart arbeitenden Bauern und Bäuer*innen geführt, von Arbeiter*innen und Handwerker*innen, die oft einen konservativen und häufig sogar religiösen Lebensstil haben. Dabei gilt es zu bedenken, dass die palästinensische Gesellschaft keine säkulare Gesellschaft ist und Tradition sowie Religion eine entsprechend zentrale Rolle im sozialen Miteinander spielen und auch das politische Leben beeinflussen. In einer solchen Gemeinschaft sind Politik und Parteimitgliedschaft Teil der Tradition. Links zu sein liegt in der Familie, dasselbe gilt auch für die Islamische Bewegung: Kinder von Kommunist*innen würden sich an der Universität selbstverständlich der Ortsgruppe der Kommunistischen Partei anschließen, ebenso wie die Kinder von Anhänger*innen der Islamischen Bewegung islamistische Gruppen gründen oder sich welchen anschließen. An manchen Orten genügt es, den Familiennamen einer Person zu kennen, um zu wissen, welcher Partei diese wahrscheinlich angehört und seit wie vielen Generationen.

Für die Funktionsweise der Linken innerhalb der palästinensischen Gesellschaft in Israel sind Nichtregierungsorganisationen von essenzieller Bedeutung. Diese arbeiten zu Themen wie Feminismus und Frauenrechte, Arbeitsrechte oder zur allgemeinen politischen Bildung. Die Nichtregierungsorganisationen sind darum bemüht, innerhalb lokaler Gemeinschaften zu arbeiten und ihr Zielpublikum konstant zu erweitern. Dafür müssen sie Programme aufsetzen, die ihnen auch Zugang zu konservativen Gruppierungen ermöglichen. In manchen Fällen mussten Frauenorganisationen lokale Scheichs konsultieren, um die Zustimmung zur Durchführung eines Programms in einer bestimmten Ortschaft zu erhalten. Andernfalls hätten die Scheichs die Menschen dazu aufgefordert, nicht an dieser Aktivität teilzunehmen, was das gesamte Programm gefährdet hätte. Im Herbst 2016 organisierten einige Frauen nach der Ermordung von zwei Frauen durch Familienangehörige eine Demonstration in Jaffa, um gegen die Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Die Aktivist*innen führten langwierige interne Debatten darüber, was ihre Botschaft sein sollte: Einerseits ging es ihnen darum, der Gewalt eine klare Absage zu erteilen und das Recht der Frauen auf ein selbstbestimmtes Leben zu verteidigen. Andererseits wollten sie, dass sich möglichst viele Frauen und Männer der Gemeinde hinter diese Botschaft stellen, die zwar Gewalt ablehnen, aber nicht unbedingt bereit sind, Parolen für die Freiheit und Gleichheit von Frauen zu rufen. Diese Menschen werden stark von religiösen Figuren beeinflusst, weshalb großer Wert darauf gelegt wurde, Akteure der lokalen Zivilgesellschaft einzubinden, und zwar mit einem speziellen Fokus auf die islamisch argumentierenden Bewegungen und Institutionen, da diese die Akzeptanz für das Projekt erhöhen und größere Unterstützung der Basis garantieren. Zwischendurch bahnte sich allerdings eine Krise an, als eine der Aktivist*innen am Tag vor der Demonstration im Fernsehen interviewt wurde und dabei über fundamentalistische Kräfte sprach, die Religion zur Rechtfertigung von Gewalt gegen Frauen heranziehen würden. Einige führende Persönlichkeiten der Islamischen Bewegung in Jaffa sahen das Interview, fühlten sich davon beleidigt und begannen, Menschen dazu aufzurufen, nicht an der Demonstration teilzunehmen. Es musste viel getan werden, um den Schaden zu begrenzen und die Menschen davon zu überzeugen, dass sich die Demonstration weder gegen Religion noch gegen religiöse Bewegungen richtete. Was am Ende wohl den Ausschlag für den großen Erfolg der Demonstration gab, war die Tatsache, dass im Planungskomitee auch einige religiöse Frauen mit Hidschab beteiligt waren, die – so das Bild der Gesellschaft – der Religion nicht feindlich, sondern positiv gegenüberstanden. Darüber hinaus wurden Slogans und Plakate vorbereitet, die auf Koranzitaten beruhten, um die Gewalt gegen Frauen zu verurteilen und Männer dazu aufzurufen, Frauen respektvoll zu behandeln.

Diese nicht gänzlich säkulare Natur der Linken bzw. die Tatsache, dass die Linke nicht dezidiert antireligiös eingestellt ist, erklärt zum Teil auch, warum Demonstrationen zu unterschiedlichsten sozialen und politischen Themen üblicherweise bei einer Moschee beginnen oder dort enden. Und es ist selbst für Sprecher*innen der Kommunistischen Partei nicht unüblich, ihre Rede mit dem Satz «b’ism Allah al-rahman al-rahim» (dt.: «Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes») zu beginnen.

Die Gemeinsame Liste – eine Erfolgsstory? Ein Triumph der Linken?

Nach der Betrachtung der Vor- und Nachteile sowie der deutlichen Opposition einiger tonangebender Mitglieder von Chadasch/al-Dschabha, sich der Gemeinsamen Liste anzuschließen (die dann aber von einer breiten Mehrheit der Basis überstimmt wurden), wollen wir nun, anderthalb Jahre nach ihrer Gründung, einen genaueren Blick aus linker Perspektive auf die Gemeinsame Liste werfen.

Von Anfang an ist es den fortschrittlichen Kräften in der Gemeinsamen Liste ohne größere Anstrengung gelungen, die politische Vormachtstellung einzunehmen: Basis der gemeinsamen Plattform ist das Parteiprogramm.[5] Es umfasst die intern unumstrittenen Forderungen nach gleichen Rechten für die palästinensische Minderheit in Israel und für ein Ende der Besatzung. Es enthält außerdem einige traditionelle Forderungen der Linken, wie die Erhöhung des Mindestlohns und das Ende rassistisch motivierter Diskriminierung in all ihren Formen. Ebenfalls umfasst es einige Forderungen, bei denen sich die Islamische Bewegung schwerer tat, sie zu akzeptieren, wie die Forderung nach voller Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen, nach Ablehnung aller religiös begründeten Auseinandersetzungen und nach Förderung freier kultureller und künstlerischer Meinungsäußerung. Das Wahlbündnis war gerade für die Chadasch/al-Dschabha ein großer Erfolg, denn sie erhielt fünf Sitze in der Knesset, wodurch sie die stärkste Partei der Gemeinsamen Liste wurde und nun mit ihrem Spitzenkandidaten Ayman Odeh den Vorsitzenden stellt. Alles in allem ist es den progressiven Kräften und insbesondere Chadasch/al-Dschabha gelungen, sich zu behaupten und mit zwei Frauen, zwei Christen, zwei Beduinen, einem Drusen und einem Juden einen ethnisch und religiös heterogenen und ansatzweise feministischen Charakter der Liste durchzusetzen.

Alternative text missing
Ayman Odeh, Vorsitzender der Gemeinsamen Liste, bei einer Wahlparty in Jaffa am 14.3.2015. Foto: Activestills

Der Zusammenschluss in der Gemeinsamen Liste hat zu einer höheren Wahlbeteiligung geführt und hierdurch zu einer stärkeren Vertretung der palästinensischen Minderheit in der Knesset sowie einer größeren Wahrnehmung ihrer Anliegen. Eine weitere positive Entwicklung ist die sich wandelnde Einstellung der jüdischen Knessetvertreter*innen gegenüber ihren Kolleg*innen. Die Gemeinsame Liste arbeitet zu bestimmten Themen mit einigen anderen Parteien zusammen, und ihr kombiniertes Stimmengewicht macht sie in verschiedenen Kontexten zu einem entscheidenden Faktor: «Zum ersten Mal», sagt Haneen Soabi, Abgeordnete der Balad/al-Tadschamu‘ in der Knesset, «werden wir überhaupt gefragt, was wir von ihren Vorschlägen und Ideen halten.» Eine stärkere Parlamentsfraktion bedeutet auch mehr Medienaufmerksamkeit sowie internationale Beachtung und Wirkung, die sich durch vermehrte Einladungen ins Ausland und durch Treffen mit Diplomat*innen und eingereisten Politiker*innen zeigt.

Der wahrscheinlich größte Erfolg, den man der Gemeinsamen Liste zuschreibt, ist das Fünf-Jahres-Programm der Regierung über 3,5 Milliarden Euro für die palästinensischen Kommunen, um die soziale Kluft zwischen jüdischen und palästinensischen Bürger*innen Israels zu schließen. Das Programm wurde vom Finanzministerium als Reaktion auf die negativen OECD-Berichte hinsichtlich der systematischen Diskriminierung der nichtjüdischen Bevölkerung entwickelt und von der Regierung nach massivem internen Widerstand schließlich durchgesetzt. Die parlamentarische Stärke der Gemeinsamen Liste ermöglicht ihr nun, die Umsetzung dieses Programms zu kontrollieren, die von extrem rechten Minister*innen möglicherweise noch untergraben werden könnte.

Als zweitgrößte Oppositionspartei nach der Zionistischen Union spielt die Gemeinsame Liste gegenüber der Regierungskoalition eine zentrale Rolle und hat enorm an politischem Einfluss gewonnen. Aufgrund ihrer Größe erhielt die Partei den Vorsitz eines Knesset-Ausschusses, und als erste palästinensische Bürgerin in dieser Funktion überhaupt übernahm Aida Touma-Suleiman den Vorsitz des Ausschusses für Frauen und Gleichberechtigung mit echten gesetzgeberischen Kompetenzen. Angesichts der Schwierigkeit für palästinensische Frauen, an politische Posten in Israel zu kommen, ist dies von großer Bedeutung. Als Vorsitzende des Ausschusses konnte Touma-Suleiman den Kampf für die Rechte der Frauen aus einer intersektionalen Position (die Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen in einer Person) heraus vertreten und Themen ansprechen, die ihre Vorgänger*innen im Amt für irrelevant befanden. Hierzu gehörten beispielweise die Auswirkungen des Abrisses von Häusern[6] auf Frauen und Kinder, die rassistische Praxis der Trennung von jüdischen und palästinensischen Frauen in Entbindungsstationen oder die sexuelle Gewalt seitens der Polizei. Die Tatsache, dass es ihr gelungen ist, die Aufmerksamkeit der Gesetzgebung auf allgemeine Problematiken von Frauen zu lenken und die besonderen Interessen der Palästinenser*innen, der Frauen der Arbeiterklasse und der LGBTI-Community einzubinden, bestätigt das große Potenzial der Gemeinsamen Liste, die Politik der Segregation, die von der israelischen Regierung betrieben wird, effektiv zu bekämpfen.

Die Gemeinsame Liste entfaltete auch außerhalb des Parlaments eine positive Wirkung. Die Abnahme der Spannungen unter den Fraktionen hat eine fokussiertere Arbeit gegen den Waffenmissbrauch zu kriminellen Zwecken innerhalb der palästinensischen Kommunen in Israel und insbesondere gegen das akute Problem der Gewalt gegen Frauen möglich gemacht – zwei Problemfelder, die sich nicht zuletzt durch Vernachlässigung und Nichttätigkeit seitens der staatlichen Behörden stetig verschärfen. Nachdem die Organisatorin des ersten Frauen-Marathons in der Stadt Tira Morddrohungen von gewaltbereiten Islamisten erhalten hatte und auf ihr Auto geschossen wurde, haben ihr alle Parteien der Liste einen Solidaritätsbesuch abgestattet, auch die Islamische Bewegung. Die Gemeinsame Liste ermöglicht ihren fortschrittlich denkenden Mitgliedern Zugang zu konservativeren Kreisen: Aida Touma-Suleiman erwähnte in diesem Zusammenhang, dass es ihr als feministischer Kommunistin durch die Gemeinsame Liste erstmals möglich wurde, mit Beduinenfrauen zusammenzutreffen, was bis dahin in den religiösen Gemeinden der Negev-Wüste undenkbar gewesen wäre. Die scharfe Reaktion einiger Parteimitglieder von Chadasch/al-Dschabha und Balad/al-Tadschamu‘ auf einen homophoben Artikel[7] eines Mitglieds des sogenannten nördlichen Flügels der Islamischen Bewegung (der wie oben erwähnt nicht Teil der Gemeinsamen Liste ist) einige Wochen nach der Wahl, zeigt außerdem, dass eine gemeinsame Liste mit konservativen Akteur*innen die progressiveren Kräfte nicht davon abhält, öffentlich Kritik zu üben.

Und schließlich zur Frage, ob sich der nördliche Flügel der Islamischen Bewegung gewandelt hat: Die Struktur der Gemeinsamen Liste lässt es nicht zu, den anderen die eigene Meinung aufzuzwingen, zumal die Parteien bei kontroversen Themen unabhängig und sogar gegensätzlich abstimmen können. Allerdings war der Beitritt zur Gemeinsamen Liste, wie es die Führungskräfte der Islamischen Bewegung formuliert haben, ein Moment der politischen Reife, in dem sie gelernt haben, sich auf die Gemeinsamkeiten der Parteien zu verständigen und bei Differenzen verschiedener Ansicht zu sein. Gleichzeitig haben sie aber auch verstanden, dass sie, da sie sich keine Meinung vorschreiben lassen, auch ihren Partner*innen keine Meinung aufzwingen können.

Dennoch bleibt die Frage offen, inwieweit sie sich gegenseitig durch Dialog und gemeinsame Arbeit beeinflussen. Wie schon erwähnt vertritt die Islamische Bewegung eine marginalisierte Minderheit und zeigt folglich mehr Bereitschaft als andere, linke Gesellschafts- und Wirtschaftstheorien aufzugreifen. Während eines von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierten Besuchs in Berlin sprach der Vorsitzende der Islamischen Bewegung in der Gemeinsamen Liste, Masud Ghnaim, offen davon, dass sich ihre sozialökonomischen Positionen mit denen von Chadasch/al-Dschabha deckten und dass er einer weiteren Annäherung an eine linke, rechtebasierte Politik mehr als offen gegenüberstünde. Bezüglich der kontroverseren Themen wie Frauen- und LGBTI-Rechte hat sie die gemeinsame Arbeit genötigt, Kompromisse einzugehen und sich auch zu Fragen, bei denen sie von der Linken abweicht, flexibler zu zeigen. Bei den Wahlen agitierten sie zum ersten Mal nicht gegen Schwule und Lesben und akzeptierten Frauen und Juden (zwei bzw. einer von insgesamt 13 Knesset-Vetreter*innen) als ihre Kandidaten und gleichwertigen Kolleg*innen. Zur Vertretung der Frauen innerhalb der Gemeinsamen Liste befragt, antwortete Masud Ghnaim: «Wir haben 2 von 13 und wir sollten daran arbeiten, dies zu verbessern.»[8] Der nördliche Flügel der Islamischen Bewegung grenzt sich zudem eindeutiger als zuvor von radikalen Gruppen ab, die innerhalb der palästinensischen Gesellschaft im Namen des Islam gegen Frauenemanzipation, Homosexuelle oder kulturelle Diversität hetzen. Ein Lerneffekt ist also ebenso deutlich spürbar, wie die zunehmende Aufgeschlossenheit gegenüber einem progressiveren Diskurs.

Alternative text missing
Bei einer Demonstration in Duma, West Bank, am 15.8.2015: Knesset-Mitglieder Aida Touma-Suleiman (Mitte links) und Dov Khenin (Mitte rechts). Foto: Activestills

Schlussfolgerungen

Im Gegensatz zu vielen kritischen Vorhersagen, die Gemeinsame Liste würde sich nach den Wahlen aufspalten, agiert das Bündnis eineinhalb Jahre nach seiner Gründung weiterhin sehr erfolgreich als Plattform der nichtzionistischen Linken Israels und der palästinensischen Minderheit, trotz des zunehmenden politischen Drucks der israelischen Rechten und der allgemein gewaltbereiten Stimmung in Israel/Palästina. Insbesondere im Licht der ernüchternden Wahlergebnisse der Meretz-Partei (mit fünf Sitzen) und des konstanten Rechtsrucks der Arbeiterpartei infolge ihrer gescheiterten Versuche, der Netanjahu-Regierung beizutreten, hat die Gemeinsame Liste als führende Kraft im Kampf gegen Rassismus und für die Umsetzung von sozialer Gerechtigkeit und Frieden die politische Bühne Israels erobert.

Die Sorgen säkularer und linker Aktivist*innen, dass ein Pakt mit der Islamischen Bewegung oder den nationalistischen Mitgliedern der Balad/al-Tadschamu‘ den progressiveren Kräften der Gemeinsamen Liste schaden könnte, haben sich nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil kann die Gemeinsame Liste als äußerst produktives, hegemonisches Bestreben der arabisch-jüdischen Linken verstanden werden, die politische Agenda für die ganze palästinensisch-israelische Bevölkerung zu bestimmen und den sozialen Wandel aus einer Position der Stärke heraus anzuführen, was ohne eine Konsolidierung durch Wahlen undenkbar gewesen wäre. Darüber hinaus hat der Dialog zwischen den linken Aktivist*innen und der Islamischen Bewegung, die ihre öffentliche Position zu Frauenrechten und religionsübergreifender Zusammenarbeit im Verlauf des vergangenen Jahres korrigiert hat, einen möglichen Weg für zukünftige produktive Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichen islamischen Gruppen in der Region gezeigt.

Hana Amoury ist Projektleiterin im Israel-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv.

Tsafrir Cohen leitet das Israel-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in:

Dialog mit dem politischen Islam III, Peter Schäfer/Tanja Tabbara (Hrsg.), Materialien, Rosa Luxemburg Stiftung.

Alternative text missing

Empfehlungen zum Weiterlesen

Anmerkungen

[1] Alle Zitate, sofern nicht anders ausgewiesen, stammen aus Interviews mit den Autor*innen dieses Artikels.

[2] Ebd.

[3] Khoury, Elias: Yes to the Joint List, in: Al-Quds Al-Arabi, 9.3.2015.

[4] Im September 1993 unterzeichneten Jitzhak Rabin und Yassir Arafat ein Grundsatzabkommen in Washington, die sogenannten Oslo-Verträge (die Verhandlungen dazu begannen unter Vermittlung der norwegischen Regierung). Das Motto lautete „Land für Frieden“, jedoch schrieben sie die Aufteilung des Westjordanlandes in A-, B- und C-Gebiete mit verheerenden Folgen für die Mobilität der Palästinenser*innen fest. Die A-Gebiete rund um die palästinensischen Städte stehen seither unter palästinensischer Selbstverwaltung, die B-Gebiete unter gemischter und die C-Gebiete unter israelischer Verwaltung. Viele wichtige Fragen – die Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge, die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, der Status Jerusalems und der genaue Grenzverlauf – sollten später verhandelt werden. Unter anderem religiös motovierte palästinensische Gruppen protestierten damals gegen die Oslo-Verhandlungen und einen Friedensvertrag mit Israel.

[5] Übersetzung des Parteipogramms ins Deutsche.

[6] Die israelischen Behörden erteilen in palästinensischen Kommunen selten Baugenehmigungen. Folglich sind Abertausende Palästinenser*innen gezwungen, ohne Baugenehmigung zu bauen, um den Bedarf einer wachsenden Bevölkerung zu decken. Die staatlichen Behörden reagieren häufig mit dem Abriss der betreffenden Häuser.

[7] Vollständiger Artikel in der Zeitschrift The Times of Israel.

[8] Interview von Ronald Zschächner mit Knesset-Mitglied Masud Ghnaim: Wir haben uns für Vereinigung entschieden, in: Junge Welt , 26.10.2016, S. 3.

Autor:innen

Tsafrir Cohen leitete das Israel-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv zwischen 2015-2020.