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Auf einem Hauseingangstor in Herzliya, September 2024. Foto: Rela Mazali

Die Kampagne «Israel bewaffnet sich»: ein Brandbeschleuniger der Gewalt und innerpalästinensischer Kriminalität

Die Militarisierung Israels steigert die Bewaffnung der israelischen Bevölkerung – mit tödlichen Folgen für die palästinensische Gesellschaft

In den letzten Jahren ist in Israel die Zahl der getöteten palästinensischen Araber*innen so stark gestiegen wie nie zuvor. Dies lässt sich vor allem auf strukturelle Entwicklungen der organisierten Kriminalität und eine Welle interner Gewalt zurückführen, welche die palästinensische Gesellschaft ergriffen hat. Der Prozess vollzieht sich vor dem Hintergrund eines vorsätzlichen Mangels an staatlicher Regulierung und dem Mitwissen von Strafverfolgungsbehörden, deren Aufgabe es eigentlich wäre, den Tötungsdelikten Einhalt zu gebieten. Das in der jüdischen israelischen Bevölkerung vorhandene Arsenal an legalen und zugelassenen Schusswaffen, das sich sowohl in privaten Händen als auch im Besitz des israelischen Militärs befindet, stellt dabei die primäre Quelle dar, aus der auch Waffen und Munition in die palästinensische Gesellschaft fließen.

Nach dem 7. Oktober 2023 konnte der israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, sich den allgemeinen Zustand von Panik und Angst zunutze machen und Maßnahmen zur Lockerung der gesetzlichen Vorgaben für den Erhalt von Waffenscheinen und Waffenbesitz einführen. Damit trieb Ben-Gvir die Bewaffnung des jüdischen Teils der israelischen Bevölkerung maßgeblich voran.

Ben-Gvir strebt das übergeordnete Ziel an, die jüdische Kontrolle über arabische Palästinenser*innen nicht nur im Westjordanland und in Gaza, sondern auch innerhalb Israels Grüner Linie, den Waffenstillstandsgrenzen von 1949, im Sinne einer jüdischen Vorherrschaft weiter auszubauen und über palästinensisches Leben zu bestimmen. Innerhalb der Grünen Linie wird diese Strategie nicht zuletzt dadurch verfolgt, dass man die jüdischen Bürger*innen in einem Gefühl des permanenten Ausnahmezustands hält und große Teile der Zivilbevölkerung, vorwiegend Männer, mit Waffen ausstattet und darauf ausrichtet, ihre «arabischen Gegner*innen» zu unterdrücken.

Die umfassende Bewaffnung der Zivilbevölkerung anhand gelockerter gesetzlicher Vorgaben hat allerdings erfahrungsgemäß auch zur Folge, dass immer mehr Waffen auf illegalem Wege an kriminelle Einzelpersonen und Organisationen innerhalb der palästinensischen Gesellschaft weitergeleitet werden

Der israelische Sicherheitsapparat ist eine der wichtigsten Waffenquellen für kriminelle Aktivitäten 

In den letzten zehn Jahren (2014-2023) hat die Verbreitung von Schusswaffen unter palästinensischen Bürger*innen in Israel über 1000 Todesopfer gefordert, darunter auch Frauen und Kinder. Bei den meisten dieser Todesopfer handelte es sich jedoch um Männer im Alter zwischen 20 und 35.

Viele illegale Schusswaffen gelangen in die Hände palästinensischer Bürger*innen in Israel. Ein Großteil dieser Waffen befindet sich im Besitz krimineller Gruppen, die sie sowohl aus militärischen als auch zivilen Beständen entwenden, und nicht zuletzt durch Einbrüche bei Privatpersonen und privaten Sicherheitsunternehmen in ihren Besitz bringen. Jährlich werden auf diesem Weg etwa 200 Schusswaffen und beträchtliche Mengen an Munition gestohlen. Zudem verkaufen Soldat*innen auf dem Schwarzmarkt Waffen zum eigenen Profit. Weitere Waffen stammen aus Waffenlagern, die sich in israelischen Militärstützpunkten im ganzen Land befinden und keiner strengen Kontrolle unterliegen. So wurden zum Beispiel im Jahr 2020 103 Schusswaffen und über 102.000 Stück Munition des israelischen Militärs entwendet, darunter Kugeln, Granaten, Raketen und Bomben[1]

Schlecht bewachte militärische Übungsgelände sind eine leichte Zugangsmöglichkeit zu Waffen, insbesondere in der Naqab (Negev)-Region und auf den Golanhöhen, wo nach militärischen Übungen oft Munition zurückgelassen wird. Auch Soldat*innen, die sich nicht an die Sicherheitsbestimmungen halten und ihre Waffen unbeaufsichtigt zurücklassen, werden bestohlen. Zum Teil stammen die Waffen aber auch aus Militärlagern sowie aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland.

Die israelische Armee ist also die Hauptquelle für Waffen und Munition für die arabische organisierte Kriminalität. Aber auch aus Raubüberfällen auf Privathäuser und Fahrzeuge werden insbesondere Kleinwaffen bezogen, die Zivilist*innen, die einen Waffenschein haben, ohne jegliche staatliche Aufsicht besitzen dürfen, wie aus einer offiziellen Antwort des Ministers für Nationale Sicherheit an die Gun Free Kitchen Tables Coalition im Juli 2023 hervorgeht. Dies belegt auch der Jahresbericht des israelischen Ombudsmanns für das Jahr 2021 mit dem Titel «Illegaler Waffenbesitz und Schusswaffengebrauch in der arabischen Gesellschaft und in Städten mit arabischen Bevölkerungsanteilen».

Gelockerte Zulassungskriterien und fehlende Aufsicht verschärfen das Waffenchaos 

Um sich ein umfassendes Bild von der Verbreitung von Kleinwaffen in Israel machen zu können, muss man die Situation vor dem 7. Oktober kennen und sich damit auseinandersetzen, wie politische oder die Sicherheit eines Staates gefährdende Ereignisse wie der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 dazu benutzt wurden, Maßnahmen einzuführen, mit denen die Verteilung und Verbreitung von Schusswaffen unter männlichen jüdischen Staatsbürgern vorangetrieben wurde – wobei der Aufruf, sich zu bewaffnen, mittlerweile auch auf jüdische Frauen ausgeweitet wurde. Die Verteilung «legaler» Waffen, die Ben-Gvir nach dem von der Hamas durchgeführten Angriff und dem Ausbruch des genozidalen Kriegs gegen Gaza veranlasst hat, stellt auch für Palästinenser*innen, die in Israel und in den besetzten Gebieten in Ost-Jerusalem und im Westjordanland leben, eine enorme Bedrohung dar. Die bewaffnete Einschüchterung bis hin zu tatsächlichen Hinrichtungen von Palästinenser*innen durch Siedler*innen und andere jüdische Staatsbürger*innen sowie israelische Soldat*innen hat die Festigung jüdischer Kontrolle über palästinensisches Leben und die Verdrängung und Enteignung der palästinensischen Bevölkerung weiter vorangetrieben. Eine Entwicklung, die sich am rasanten Anstieg palästinensischer Todesopfer im Westjordanland und an der Gewalt, die von bewaffneten Siedler*innen ausgeht, ablesen lässt.

In den letzten Jahren hat das Ministerium für Nationale Sicherheit mehrere Gesetzesentwürfe und Richtlinien zur Reform der Eignungskriterien für den Erhalt ziviler Waffenscheine unter Israels Schusswaffengesetz vorgelegt. Damit sollte eine Entwicklung vorangetrieben werden, die sich bereits in der Amtszeit des ehemaligen Ministers für Öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, abzeichnete. Ben-Gvir selbst hatte zuletzt im Juni 2023 einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgestellt. Nur wenige Tage nach dem Angriff der Hamas konnte er sich dann die allgemeine Traumatisierung der Bevölkerung und den Ausnahmezustand zunutze machen: Die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen wurden am 15. Oktober 2023 von den zuständigen Ausschüssen im Parlament bewilligt und somit die umfassende Bewaffnung der jüdischen Gesellschaft in das israelische Gesetz eingeschrieben. Unter dem Vorwand von «Sicherheitserwägungen» wurden die Kriterien für den Erhalt eines Waffenscheins maßgeblich geändert und ohne Hinzuziehung von Expert*innen erleichtert. Somit wurde auch Ben-Gvirs öffentlich erklärter politischer Agenda einer gestärkten jüdischen Vorherrschaft in Israel Folge geleistet. Diese undemokratische verwaltungstechnische Vorgehensweise stieß jedoch insbesondere in der Presse auf starke Kritik. Der Rechtsberater des Innenausschusses (ein Vertreter des Justizministeriums) argumentierte, dass die neuen Kriterien, die für einen unbestimmten Zeitraum gelten sollten, nicht ernsthaft erörtert worden seien und daher einen Machtmissbrauch durch den parlamentarischen Ausschuss für nationale Sicherheit in Kriegszeiten darstellten. 

Zu den wichtigsten Änderungen, die mit den neuen Vorschriften eingeführt wurden, gehören geringere Anforderungen bezüglich der militärischen Ausbildung für Antragsteller*innen für einen zivilen Waffenschein, eine verkürzte Militärdienstzeit, die von Antragsteller*innen für einen Waffenschein verlangt wird sowie erweiterte Berechtigungskategorien, die beispielsweise auf Familienmitglieder von Landwirt*innen ausgedehnt werden und nicht nur für diese selbst gelten, sowie die automatische Verlängerung privater Waffenscheine.

Das Ministerium für Nationale Sicherheit beschleunigte nicht nur das Verfahren für den Erhalt der Waffenscheine, sondern hat auch eine große Anzahl an «kommunalen Sicherheitskommandos» zusammengestellt. Gemeinden und verschiedene lokale Communities haben in Abstimmung mit dem Ministerium und der Polizei und/oder dem Militär – und in einigen Fällen auch eigenmächtig bewaffnete Gruppen gebildet. Dabei werden Schusswaffen an freiwillige Rekrut*innen oder Militärreservist*innen ausgehändigt, die in diesen Trupps ihren Reservedienst leisten.

In Ermangelung klarer Leitlinien oder gesetzlicher Regelungen ist bei diesen kommunalen Sicherheitskommandos fast jede*r willkommen, darunter auch zahlreiche Personen mit rassistischen Ansichten. Vor allem in sogenannten «gemischten Städten», in denen sowohl palästinensische Araber*innen als auch Jüd*innen leben (etwa Lod, Ramle oder Haifa), stellen diese Trupps eine ernsthafte Bedrohung dar.

Seit dem 7. Oktober sind die palästinensischen Bürger*innen Israels kollektiven Verurteilungen durch die Polizei ausgesetzt und werden von jüdischen zivilen Gruppen und Institutionen, darunter Arbeitgeber*innen, Universitäten, Krankenhäusern und öffentlichen Dienstleistern, in einem noch nie dagewesenen Ausmaß schikaniert. Palästinensische Aktivist*innen aus Israel, werden zudem von ihren jüdischen Arbeitskolleg*innen, von ihren Nachbar*innen in gemischten Städten, von Gemeindebeamt*innen und Bürgermeister*innen und in ihren Seminaren an den Universitäten bedrängt. Dasselbe gilt für Künstler*innen, Akademiker*innen und Anwält*innen, um nur einige zu nennen[2].

Die Todesstrafe ist bereits jetzt eine verbreitete Praxis

Im März 2024 billigte das israelische Parlament in einer ersten Lesung einen Gesetzesentwurf über die Einführung der Todesstrafe für Terroristen. Noch drei weitere Lesungen sind nötig, bevor das Gesetz in Kraft treten kann. Allerdings sind Militärgerichte schon jetzt befugt, Personen, die als Terrorist*innen eingestuft werden, zum Tod zu verurteilen, sofern die Entscheidung des Gerichts einstimmig ausfällt. Bis dato wurde jedoch von solchen Urteilssprüchen abgesehen.

Gleichzeitig werden in Israel und im Westjordanland bereits jetzt immer mehr Menschen ohne Gerichtsverfahren, sogar ohne legale Grundlage oder ausdrückliche Verurteilung, mit stillschweigender Zustimmung hingerichtet. Die geringe Zahl von Anklagen und das auffällige Fehlen nennenswerter Strafen für diejenigen, die eine*n Verdächtige*n, eine*n Dieb*in oder eine*n Angreifer*in erschießen, haben bereits jetzt zur Folge, dass Verdächtige einfach erschossen werden, statt dass es zu Haftstrafen in der Folge von polizeilichen Untersuchungen käme.

Bei manchen der auf diese Weise hingerichteten Personen handelt es sich tatsächlich um Angreifer*innen, die im Zuge eines Angriffs erschossen werden. Auch sie stehen unter dem Schutz des Gesetzes oder sollten es zumindest. Ein*e Angreifer*in, der oder die angeschossen und verletzt wird und keine oder nurmehr eine geringe Gefahr darstellt, ist eigentlich gesetzlich vor der militärischen Praxis geschützt, mit der Soldat*innen während oder nach einem Gefecht sicherstellen, dass feindliche, anscheinend verletzte Soldat*innen tatsächlich getötet und somit «neutralisiert» werden. Erfolgt eine solche Handlung im Kontext eines aktiven Gefechts, so wird sie normalerweise auf der Grundlage gerechtfertigt, dass die Streitkräfte nicht in der Lage seien, die Festnahme verletzter feindlicher Soldat*innen durchzuführen, ohne ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Diese Vorgehensweise scheint sich allerdings auf außermilitärische Situationen ausgedehnt zu haben. So zum Beispiel im Fall von Abd Elohab Halaila, der am 4. Juli 2023 nur wenige Minuten, nachdem er acht Passant*innen angefahren und anschließend auf sie eingestochen hatte, von einem bewaffneten Bürger zuerst angefahren und dann erschossen wurde, wobei letzterer wiederholt auf Halaila schoss, nachdem er auf einer Straße im nördlichen Tel Aviv bereits «neutralisiert» worden war.

Bei einem beträchtlichen Anteil der Hingerichteten handelt es sich allerdings nicht um Angreifer*innen, sondern lediglich um Verdächtige. Dabei kommt es in den meisten Fällen nicht zu Ermittlungen oder Untersuchungsverfahren. Oder aber die Dokumentation hierzu ist für die Öffentlichkeit nach einer Erschießung nicht zugänglich, sodass unmöglich festgestellt werden kann, ob ein Angriff tatsächlich stattgefunden hat. Kürzlich bestanden zwei Mitglieder des Stadtrats von Tel Aviv darauf, die Umstände rund um die Erschießung eines städtischen Beamten eingehend zu untersuchen. Ob aber Yusuf Abu-Jaber, der am 7. April 2023 auf der Promenade in Tel Aviv-Jaffa erschossen wurde, wirklich ein Angreifer war, der vorsätzlich acht Passant*innen überfuhr (wobei eine Person später ihren Verletzungen erlag), oder nur ein Autofahrer, der in einen tragischen Unfall verwickelt worden war, wird die Öffentlichkeit wohl nie erfahren.

Die derzeit waltende Vorgehensweise, zu schießen statt festzunehmen – oder um es noch direkter zu sagen: Verdächtige ohne Verfahren hinzurichten und jüdischen Schütz*innen, die Teil der nationalen Sicherheitskräfte sind, Straffreiheit zu garantieren – hat sich im Lauf der vergangenen Jahre im Westjordanland und auch in Israel etabliert, vor allem wenn es sich bei den Opfern um Palästinenser*innen handelt. Dazu zählen auch die 13 unbewaffneten Palästinenser*innen – die meisten von ihnen mit israelischer Staatsbürgerschaft –, die im Jahr 2000 bei Demonstrationen erschossen wurden. Derartigen Hinrichtungen fallen überwiegend Palästinenser*innen zum Opfer – sowohl in den besetzten Gebieten als auch innerhalb der israelischen Staatsgrenzen. Die Erschießungen basieren auf der unverhohlen rassistischen Entwertung palästinensischen Lebens in einem israelischen Regime der jüdischen Vorherrschaft. 

Es gilt die pauschale Erlaubnis zum straffreien Schießen, wobei die den potentiellen Schütz*innen geläufige Begründung «Ich hatte Angst um mein Leben» auch für jüdische Opfer gilt. Zwischen 2019 und 2023 wurden neun Fälle außergerichtlicher Tötungen von Personen mit körperlichen und geistigen Behinderungen oder einer Form von Autismus verzeichnet. Sie wurden von Sicherheitskräften erschossen, die dazu ausgebildet sind, selbst in komplexen Situationen Festnahmen vorzunehmen und die sich des rechtlichen Rahmens, in dem sie agieren, bewusst sind. Drei der Toten waren Palästinenser*innen. Die anderen sechs waren Jüd*innen aus ärmeren Bevölkerungsgruppen oder sogenannten «Randgruppen», wie sie in den kommerziellen Medien bezeichnet werden. Mitglieder benachteiligter Bevölkerungsgruppen, selbst wenn diese Teil der jüdischen Gesellschaft sind, die im Land einige Privilegien genießt – wozu normalerweise auch das Recht gehört, festgenommen statt erschossen zu werden – und die darüber hinaus noch körperliche oder geistige Behinderungen oder psychische Erkrankungen haben, unterliegen einem erhöhten Risiko, durch Waffengewalt zu sterben. 

Innerhalb weniger Monate hat Ben-Gvirs Politik einer erleichterten und umfassenden zivilen Bewaffnung mehrere Zehntausende neue Schusswaffen in die Hände der jüdisch-israelischen Bevölkerung gebracht. Ganz im Sinne von Ben-Gvirs Aussagen und Absichten wurden diese Waffen innerhalb Israels mehrmals gegen Palästinenser*innen gerichtet.

Laut Berichten, die auf sozialen Medien geteilt und von Gun Free Kitchen Tables aufgezeichnet wurden, führen die Sicherheitstruppen einiger Gemeinden Patrouillen durch, bei denen sie regelrecht Jagd auf arabische Bürger*innen machen. Hinzu kommt der direkte und indirekte Schaden, der den vulnerablen Teilen der israelischen Gesellschaft zugefügt wird: Angaben der Union of Social Workers zufolge stellen die kursierenden Waffen, besonders im Kontext grassierender häuslicher Gewalt, eine enorme Gefahr für die persönliche Sicherheit und körperliche Unversehrtheit dar.

Darüber hinaus wurden Waffen auch eingesetzt, um Aktivist*innen jüdischer Friedensbewegungen einzuschüchtern, die sich gegen den genozidalen Krieg aussprechen. Es ist zudem absehbar, dass sie die Suizidraten in die Höhe treiben werden, wie die Gesundheitsbehörden bereits gewarnt haben.

Die größte Sorge, die sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit ergibt, ist, dass immer mehr Waffen über unterschiedliche Wege in die Hände arabischer krimineller Organisationen geraten und so Gewalt und Kriminalität innerhalb der arabischen Gesellschaft verschlimmern. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die staatlichen Behörden ihre Datenbanken aktualisieren, die tatsächlichen Opferzahlen ermitteln und die Anzahl gestohlener ziviler und militärischer Schusswaffen beziffern, die nach dem 7. Oktober 2023 an kriminelle, vorwiegend arabische Organisationen weitergeleitet wurden.

Auch wenn die Zukunft düster aussieht, bleibt es oberste Pflicht, die Verbreitung von Schusswaffen und die allgemeine zunehmende Militarisierungeinzudämmen. Die leicht und in großer Anzahl zugänglichen Waffen zerrütten das soziale Gefüge und untergraben das Fundament der Demokratie und gesunder sozialer Beziehungen. Ihre Verbreitung treibt eine nationale Minderheit, die zwischen die Fronten des faschistischen israelischen Regimes und der kriminellen Banden geraten ist, in einen beunruhigenden Zustand der Unsicherheit und verkümmerter sozialer Entwicklung, der vom israelischen Sicherheitsapparat billigend in Kauf genommen und gutgeheißen wird.

Dieser Artikel basiert auf dem Positionspapier von Mada al-Carmel The ‚Israel is Arming‘ Campaign: A Recipe for steigende Kriminalität und Gewalt unter Palästinensern, das im April 2024 (Englisch) veröffentlicht wurde sowie auf dem Artikel Schießen um zu töten – „Ich hatte das Gefühl, mein Leben wäre in Gefahr“, der gemeinsam mit Rela Masali geschrieben und am 23.8.2024 auf der HaOkets Digital Platform veröffentlicht wurde (Hebräisch).

Übersetzung von Gegensatz Translation Collective

Anmerkungen

[1] Antwort der Armee auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die im Rahmen einer Petition beim Bezirksgericht Tel Aviv eingereicht wurde, Verwaltungspetition Nr. 42805-12-21, Gun Free Kitchen Tables gegen die die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF).

[2] Siehe: Mada al-Carmel: «Krieg gegen Gaza: In Israel werden Palästinenser*innen zum Schweigen gebracht, eingeschüchtert und verfolgt». (November 2023)   

Autor:in

Meisa Irshaid ist unabhängige Anwältin und Rechtsberaterin bei Gun Free Kitchen Tables, einem Projekt des L’Isha Feminist Center Haifa, und Mitbegründerin der InitiativeWomen against Weapons in Israel Gun Free Kitchen Tables (gfkt.org)